Wellnessforschung

Motive von Wellnessurlaubern

Der Wellnesstourismus ist ohne Zweifel gegenwärtig eines der meist diskutierten und von vielen Praktikern wie Fachleuten als sehr bedeutend eingeschätzte Segment des Tourismus, das in den zurückliegenden Jahren interessante Wachstumsraten gezeigt hat und dem für die kommenden Jahre ein sehr grosses Potential zugemessen wird. Wie bei anderen Erscheinungen des modernen Tourismus auch, hat sich aber auch gezeigt, dass jenseits aller Begeisterung über einen auch die unmittelbare Lebenseinstellung vieler Menschen berührende neue Freizeit- und Urlaubsgestaltung bei näherer Betrachtung eine enorme Leerstelle hinsichtlich dessen besteht, was die Realität des Wellnesstourismus/ der Wellnesshotelerie in Deutschland (und angrenzenden Ländern) derzeit ausmacht. Diese Leerstellen zu füllen und zuverlässige, praxisnahe Informationen bereitzustellen, ist die Absicht des seit 2004 laufenden Schwerpunktprogramms Wellnesstourismusforschung an der Universität München (Tourismuspsychologie: Dr. H. Jürgen Kagelmann) in Kooperation mit der AG. Erlebnis & Trend (München/Starnberg). Das Programm umfasst dabei:
• Die Wellnesshotelstudie (Hoteliers), alle zwei Jahre
• Die Wellness-Eventstudie (Eventangebote in Wellnessinstitutionen und Bädern)
• Die Thermen-/Spassbadstudie (Badbetreiber), alle zwei Jahre
• Die Wellness-Bilder-Analyse (Kataloganalyse, qualitativ und quantitativ)
• Die Studie Wellnesshotelerie in Spanien (Angebotsstrukturen des Gesundheitstourismus in Spanien)
• Die Zusammenstellung von Daten und Fakten zum Wellnessurlaub (Herausgabe der Publikation „Wellnessurlaub – Daten und Fakten“, in Vorbereitung).

Ziele des Programms sind – in sozialwissenschaftlicher Perspektive:
• Analyse von Angebotsstrukturen im Wellnesstourismus, v.a. in der Wellnesshotellerie
• Analyse von Bedarfsstrukturen der Wellnessnachfrager (Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen, Motive der Gäste)
• Entwicklung von theoretischen Zugängen zum Phänomen des Wellnesstourismus bzw. Gesundheitstourismus allgemein; sowie zum ‚medical wellness’
• Theorie- und empirieorientierte praktische Empfehlungen für die Branche
• Fachbuchpublikationen (siehe www.tourismuswissenschaft.de)

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1. Die „Wellnesshotelstudie 2005/06“

Im Rahmen des oben vorgestellten Programms wurde eine Online-Umfrage konzipiert, die zum einen den aktuellen Stand und die zukünftige Entwicklung der Wellness-Hotellerie beleuchten und zum anderen auch einen Beitrag zur Klärung und Definition des Wellness-Begriffes leisten sollte. Die zugrunde liegende Überlegung war u.a. die, dass Hoteliers sicherlich gut begründete Erfahrungen über die Motive von Wellnessurlaubern haben sollten. In Zusammenarbeit mit dem Relax-Guide (Wien) wurde die Online-Umfrage im Frühsommer 2005 an 1772 Wellness-Hotels in Deutschland und 689 Wellness-Hotels in Österreich versandt. Der Fragebogen enthielt 16 Fragen, teils offen, teils mit vorgegebenen Alternativen, sowie 4 Statements. Die Hoteliers konnten den Fragebogen innerhalb von drei Wochen anonym ausfüllen. Es ergab sich eine Rücklaufquote von 14,9%, was für Online-Befragungen - zumal mit einem Umfang wie der vorliegenden - als hoch zu bewerten ist. Die wichtigsten Ergebnisse sind die folgenden:

1.1. Die Bedeutung von Wellness
Knapp drei Viertel der befragten Hotels (73,5%) räumen Wellness eine grosse Bedeutung in ihrem Haus ein. Dieses Ergebnis scheint auf den ersten Blick nicht unbedingt überraschend, da bereits bei der Versendung der Befragung nur Hotels angeschrieben wurden, die vom Relax-Guide als Wellness-Hotels ausgewiesen werden. Ungefähr weitere 20% sehen Wellness als „eher wichtig“ für ihr Hotel an; richten sich also noch auf andere Zielgruppen bzw. Urlaubsmotivationen aus.

1.2. Die wichtigsten Wellnessurlaubsmotive
Als Hauptmotivation ihrer Gäste für einen Wellness-Urlaub sehen Hotelbetreiber in erster Linie den Wunsch nach Erholung/Entspannung (86,0%). Dieses Ergebnis wird auch durch die hohe Zustimmung von 91,6% auf die Aussage „Das wichtigste am Wellness-Urlaub ist Entspannung und Erholung!“ bestätigt. Als zweite Hauptmotivation wurde das „Verwöhnt werden"-wollen (45,2%) genannt, gefolgt vom Motiv „Schönheitspflege/ Kosmetik" (24,4%). Interessanterweise folgt erst auf dem vierten Platz der Wunsch nach „Gesundheitsvorsorge/ Gesundheitsorientierung" (16,1%). Eindeutig ‚unbedeutende’ Motive sind aus Sicht der Hoteliers „zwischenmenschliche“ Beweggründe, wie „soziale Kontakte mit Gleichgesinnten", die Motivation, „Erlebnis/Abenteuer" nachzusuchen, aber auch erstaunlicherweise das Interesse an „Ernährungs-/ Diätberatung" (das in der letzten Zeit immer häufiger in der Fachdiskussion herausgestellt wird). Ein Fazit wäre: Ein Wellnessurlaub ist – jedenfalls nach Meinung der befragten Wellnesshoteliers – in erster Linie ein Verwöhn-Entspannungs-Urlaub; kein Gesundheitsurlaub. Die immer wieder in den Medien in den Vordergrund gestellte angebliche Motivation nach einer Gesundheitsprävention ist den Beobachtungen der Hoteliers zufolge Mythos, oder wenn wir es nicht so hart ausdrücken wollen, ein schöner, aber nicht zentraler Nebeneffekt für die Gäste!

1.3. Die Wellness-Angebote der Hotels
Bei der Frage, welche Wellness-Angeboten tatsächlich in den Wellnesshotels überhaupt vorhanden sind, zeigte sich:
die meisten, nämlich weit über 80%, der befragten Hotels verfügen über Saunalandschaften/ Sanarien/ Dampfbäder, Fussreflexzonenmassagen, Solarien und Physiotherapien/Massagen/Lymphdrainagen. Stark vertreten sind auch Beauty-/Kosmetiksalon (77,8%), Bäderlandschaften (72,8%) und Wellness-Beratung (68,1%). Immerhin noch die Hälfte der Hotels bieten Thalasso-Therapie, Ayurveda, Moor-/Schlamm-/Heubäder, Akupunktur/Akupressur/Shiatsu an. Etwas seltener zu finden sind Diätberatung (31%), Meditation/Stressmanagement (29,3%), Sauerstoff-/Atemtherapien (20,4%), psychologische/ psychotherapeutische Fachberatung (15,4%) und originär chinesische Medizin/TCM (14,0%). (Es wurde allerdings nicht danach gefragt, ob gerade die fernöstlichen Behandlungen auch von „original“ Fachpersonal ausgeübt wird.)
Auch die gerne von Medienberichten in den Vordergrund gestellten Unterhaltungsangebote und bes. Events sind keineswegs zahlreich (Konzerte, Kunst, Lesungen 27%). Das Angebot in den Wellnesshotels ist „bodenständiger“, konventioneller als es viele Medienberichte glauben machen wollen. Typische „klassische Hardware“ wie Saunen/Dampfbäder und Solarien, eingeführte „konkrete“ Dienstleis¬tungs¬angebote wie Massagen und Beauty gehören in drei Viertel der Hotels zum Standard und werden offensichtlich stark nachgefragt. Die exotischen, fernöstlichen Angebote, noch weniger die „westlichen“ psychologisch-psychotherapeutischen Angebote sind unterschiedlich stark vertreten, prägen aber durchaus nicht das Bild des Wellness in den Hotels. Explizit medizinische und therapeutische Gesundheitsangebote sind offenbar derzeit einem kleinen Segment speziell orientierter Wellnesshotels vorbehalten bleiben. Sie sind (noch) nicht die Regel. – Andererseits ist auch festzuhalten, dass viele Dinge, die ein potentieller Kunde vielleicht automatisch erwarten würde, längst nicht überall vertreten sind. (Z.B. gibt es – aut Angaben der Hoteliers!“ - in über einem Viertel der Hotels keine Bäderlandschaften.) Das kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich die Angebote verschiedener Hotels in ihrer Akzentuierung doch stark unterscheiden (ein auf diätische Ernährung spezialisiertes Hotel muss nicht unbedingt eine ausgedehnte Wasserlandschaft haben), so dass es für den interessierten Wellnessgast unumgänglich ist, sich vorher genau zu informieren.
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1.4. Das Sport und Fitness-Angebot der Hotels
Am häufigsten nannten die Hotels die Angebote Nordic Walking (71,0%), Fitness¬training-/Kraftraum (68,5%) und geführte Wanderungen/Naturerlebnis (65,6%). Es folgen Aquarobic u. a. Wasserfitnessangebote (61,4%) und Mountainbiking (45%). Etwa zwei von fünf Hotels laden zum Wintersport (44,2%) bzw. zum Golfen (41,8%) ein. Jedes zehnte Hotel bietet auch Extremsportarten an. Unter „Sonstiges“ vermerkten einige Hoteliers gelegentlich auch etwas ausser¬gewöhnlichere Aktivitäten, wie z.B. ein Hochseil¬garten zur Team¬bildung, Bogenschiessen und spezielle Atemspaziergänge.
Dieses Ergebnis ist doch etwas überraschend. Noch konventioneller und eigentlich sehr wenig experimentierfreudig/innovativ ist das Angebot an aktiver Bewegung. Entgegen dem in den Medien vielfach propagierten Bild des gesundheitsbewussten, auf körperliche Betätigung und Fitness ausgerichteten Wellnessgastes spielt das Fitness-Sport-Angebot der Hotels – das wohl auf eine entsprechende Nachfrage (oder Nicht-Nachfrage) reagiert, nur eine bescheidenere Rolle. Es hat den Anschein, als stelle der „sportliche“ Wellnessgast, für den eine differenzierte Auswahl an Sportangeboten vorhanden sein muss, nur eine relativ kleine Zielgruppe war, während die anderen Wellnessurlaubsbucher mit einem bescheidenen Basisangebot zufrieden sind. Darunter ist allerdings die hohe Repräsentanz des Nordic Walking – selten hat eine Sportart einen vergleichbaren Erfolg verzeichnen können – bemerkenswert. Sicherlich deshalb, weil dieses Angebot leicht und kostengünstig zu realisieren ist und mittlerweile ein hochpositives Image unter verschiedenen Zielgruppen hat.

1.5. Das gastronomische Angebot
Anhand einer offenen Frage konnten die Hoteliers ihr Ernährungsangebot beschreiben. Demnach stellen knapp 40% der Hotels kalorienarme Kost (jegliche Formen von Diäten, Reduktionskost und Schonkost) zur Verfügung. In über einem Drittel der Hotels findet man Feinschmeckerrestaurants und eine gehobene Küche; einige davon mit Michelin- oder Hauben-Auszeichnungen. Relativ häufig werden Vollwertkost (33,3%), regionale Speisen (24,1%), vegetarische Küche (22,9%), etwas seltener Natur- bzw. biologische Küche (15,3%) den Gästen serviert. Vereinzelt genannt wurden spezielle regionale Ausrichtungen (wie z.B. südafrikanisches Restaurant), spezielle Ernährungstipps für Schwangere und Mütter, allergen- und glutenarme Kost, F.X. Mayr-Kuren, ayurvedische Gerichte oder auch Thalasso-Diäten.
Bei 23,7% der befragten Hoteliers fiel in diesem Zusammenhang auch der Begriff Wellness, meist im Zusammenhang mit Wellness-Menüs, Vitalküche oder Ernährung nach Montignac (Glyx-Diät). In etwa genauso viel Fällen gaben Hoteliers (20,9%) Ernährungsberatung durch spezielles Fachpersonal/Ärzte an. Da die Umfrage auf Wellness-Hotels beschränkt war, sind die beiden letztgenannten Ergebnisse doch sehr niedrig.
Gesundheitsorientierte Angebote sog. bewusster Ernährung sind zwar vielfach zu finden, aber es wäre ein Fehler, Wellnesshotels einfach mit gesundheitsbewusster Ernährung gleichzusetzen. Es entspricht dem beschriebenen Verwöhncharakter, dass viele Gäste offenbar einfach ‚nur’ „gut“ essen und trinken wollen. Das Aussergewöhnliche und die überdurchschnittliche Qualität des Angebotenen ist immer noch wichtiger als die korrekte Wellness-Ernährung’. Anders formuliert, von einem hochwertigen Wellnesshotel erwartet man sich vor allem eine überdurchschnittliche Küche und ein exquisites gastronomisches Angebot mit regionalen, evtl. hotelspezifischen Besonderheiten.

1.6. Die Wellnesshotel-Gäste
Auch ein überraschendes Ergebnis zeigt sich bei der Frage nach dem Anteil der Gäste, die ausschliesslich aufgrund des Wellness-Angebots die Hotels besuchen würden. Gerade 5,6% der Hotel wollen sich als ausschliesslich von Wellness-Gästen besuchtes Unternehmen bezeichnen. 47% der befragten Betriebe gaben an, dass das Merkmal ‚Wellness’ für etwa die Hälfte ihrer Gäste ausschlaggebend für die Wahl des Hotels sei. Über 40% der Hotels wollten nur rund ein Viertel ihrer Gäste als reine Wellness-Gäste bezeichnen.
Daraus kann man doch einige Schlüsse ableiten. Das (ausschliesslich, allein) auf Wellnessgäste abzielende Hotel ist eine Rarität; es gibt nur sehr wenige Hotels, die voll auf Wellnessbesucher setzen. Alle anderen wollen und können auch in unter¬schiedlicher Prozentuierung andere Urlauber-/Hotelgäste-Typen anziehen, für die jeweiligen Well¬ness¬an¬ge¬bote sicherlich wichtige Entscheidungshilfen sind. Vielleicht ist in diesem Ergebnis auch eine Spur von Misstrauen hinsichtlich der Kult-Zeiterscheinung „Wellness“ zu sehen, der man vielleicht nicht so ganz traut, das zentrale Ereignis der kommenden Jahre zu sein.
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1. 7. Aktuelle und künftige Zielgruppen
Die Antworten auf die Frage nach der Zusammensetzung der Wellness-Gäste zeigen, dass Paare (bei 83,2% der Hotels vertreten) und weibliche Alleinreisende (73,1%) – nach wie vor ! - den Grossteil der Wellness-Gäste ausmachen; sie sind häufig bzw. sehr häufig in den Hotels. Mit grossem Abstand folgen die soziodemographischen Gruppen Senioren (54,3%) und Familien (33,8%). Fast jedes dritte Wellness-Hotel gab an, dass männliche Alleinreisende nur selten oder nie als Wellness-Gäste anzutreffen seien. – Das steht etwas in Widerspruch zu der in der Presse in der letzten Zeit häufig zu findenden Fokussierung auf besonders die männlichen Wellnessgäste.
Und was wünschen sich die Hoteliers in Zukunft für Gästetypen? ¬ Obwohl die derzeitige Zusammensetzung der Wellness-Gäste von weiblichen Singles und von Paaren etwa gleich stark geprägt ist, stehen insbesondere Paare (79,1%) auf der Wunschliste der Hoteliers für die Zukunft ganz weit oben. Erstaunlicherweise sind die befragten Hoteliers relativ wenig (nur zu 37,3%) an einem verstärkten Auftreten der weiblichen Singles als zukünftiger Zielgruppe interessiert. Männliche Alleinreisende werden von den Hoteliers in Zukunft nicht unbedingt stärker als bisher umworben, spielen also keine grosse Rolle. Das gleiche gilt auch für Kinder und Jugendliche, die als mögliche zukünftige Zielgruppe in der Wellness-Hotellerie so gut wie nicht berücksichtigt werden.
Entgegen einem häufig in den Massenmedien findenden Bild, wonach überwiegend gutbetuchte alleinstehende/alleinreisende Frauen Wellness-Urlaube buchen, ist die primäre Zielgruppe derzeit das Paar (und soll es auch in Zukunft den Wünschen der Hoteliers entsprechend bleiben). Und: Was immer von sonstigen neuen Zielgruppen – männlichen Alleinreisenden, Senioren, Familien – phantasievoll erwartet, man wird sie im Blickfeld haben, aber das Kerngeschäft werden sie sicher nicht werden. Darauf zu setzen, ist den Hoteliers zu unsicher; sie planen weiter mit den Paaren.

1.8. Wellnessbuchungsarten
Wellness = Wochenendentspannung? – Die allgemein gängige Vorstellung eines typischen Wellness-Aufenthaltes als „Wellness-Wochenende“ wird durch die Ergebnisse der Befragung widerlegt. Nur knapp ein Viertel der Gäste (23,7%) bucht das „klassische (kleine) Wellness-Wochenende“ mit ein bis zwei Übernachtungen; ein weiteres Viertel (22,9%) bleibt 3-4 Tage. Knapp die Hälfte der Wellness-Gäste (45,9%) dagegen verbringt laut Angaben der Hoteliers nämlich durchschnittlich fünf bis sieben Nächte im Hotel; das von der Hotelbranche recht häufig angebotene „verlängerte Wochenende“ wird von den „Erholungs- und Entspannungs-Suchenden“ anscheinend dankbar angenommen. - Es zeigte sich aber auch, dass ein Wellness-Urlaub die traditionelle längere Urlaubsreise bisher nicht ablösen konnte, da nur eine verschwindend geringe Anzahl von Gästen (3,6%) länger als eine Woche im Wellnesshotel verweilt.
Bei der Frage nach den häufigsten Buchungsvarianten ergab sich, dass rund zwei Drittel der Gäste die Nutzung der Wellness-Angebote individuell organisieren. All-inclusive-Arrangements werden meist als Wochenendpaket (59,0%) gebucht, gefolgt von ganzwöchigen Angeboten (42,6%). Relativ selten finden sich Tagesgäste (13,7%) in den Hotels ein, auch während der Woche geniessen nur relativ wenige den Luxus von Wellness (17,7%). Day Spa wird nur von bescheidenen 0,4% der Hoteliers als relevante Variante genannt.
Wie werden die Urlaube zukünftig aussehen? – Bei der Betrachtung der Trendentwick¬lung im Wellnessurlaub speziell wird deutlich, dass individuelle Wellness-Kombinationen (58,2%) und Wochenendpakete (59,4%) wohl auch in Zukunft die am häufigsten gebuchten Varianten bleiben werden. Weiterhin vermutet die Wellness-Hotelbranche eine allerdings leichte Zunahme an ganzwöchigen Wellness-Urlauben.
Die Ergebnisse stellen eine Bestätigung des allgemeinen Trends zum Zweifach- bzw. Mehr¬fach¬urlaub dar: Zu einer „normalen“ Urlaubsreise (die über die letzten Jahre durch¬schnittlich immer kürzer geworden ist), kommt – für diejenigen, die sich das leisten können!) – ein „kleiner“ (Städteausflugs- oder eben) Wellnessurlaub von 3 bis 7 Tagen dazu! – Weder die „lange“ Wellnesswoche noch der Tagesbesucht/bzw. der „kleine“ DaySpa-Aufenthalt sind allerdings – auch dies steht im Widerspruch zu gängigen Berichten - derzeit relevante Grössen. Der Wellnessaufenthalt ist selten länger als eine Woche, ist also derzeit keine Konkurrenz zum traditionellen Jahresurlaub; kein Ersatz sondern Ergänzung zum „normalen“ Urlaub. Man tut gut daran, Wellnessurlaub als neue Form des Zweit-/Dritturlaubs anzusehen – für Leute, die das Geld für einen zusätzlichen Urlaub haben.

1. 9. Trendentwicklungen der Wellnessbranche
Was wird die Zukunft bringen? Wellness war in den letzten Jahren ein starkes Medienthema und auch tourismusferne Branchen, wie zum Beispiel grosse Nahrungsmittelketten, haben das Label Wellness aufgegriffen und damit zu seiner inflationären Verwendung beigetragen. Da auch die diesbezüglichen Investitionen in der Hotelbranche in der Vergangenheit sehr hoch waren und zahlreiche Hoteliers auf diesen Trend setzten, war die Frage ausseror¬dentlich wichtig, ob dieser Trend anhalten werde. Um dies eingehender zu untersuchen, wurden die Hoteliers u.a. nach der Höhe der geplanten Investitionen in den Jahren 2005 und 2006 gefragt. Es zeigte sich, dass über ein Drittel der Hoteliers Investitionen in gleicher Höhe wie im vergangenen Jahr plant. Ebenso viele möchten für den Wellness-Bereich sogar ein höheres Budget bereitstellen. Nur rund ein Viertel wird sich in den Ausgaben auf ein geringeres Mass beschränken. Die Branche ist also durchaus optimistisch eingestellt.
Ein ähnlich optimistisches Bild ergab sich bei den Beurteilungen zur Trendentwicklung der Wellness-Hotellerie. Der Grossteil der Hoteliers (63,1%) ist von einem weiteren Wachstum der Branche überzeugt. Gut ein Viertel rechnet mit einer Stagnation, also einer gleich bleibenden Anzahl an einschlägigen Aufenthalten. Nur ein sehr geringer Teil (4,0%) befürchtet einen leichten Rückgang; fast niemand (0,4%) sieht einen starken Rückgang. Dies wird auch dadurch untermauert, dass fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer der Aussage „Der Wellness-Boom ist vorbei!“ nicht zustimmten. (Es gibt allerdings auch eine Gruppe von „verhaltenen Pessimisten“: Denn immerhin stimmte fast jeder Fünfte der pointierten Aussage doch zu.)

1. 10. Die neuen Trends
Weiter sollte festgestellt werden, welche Trends im Bereich der Wellness-Angebote erwartet werden können. Im Besonderen scheinen sich die befragten Wellness-Hotels zunehmend an explizit gesundheitlichen und medizinischen Aspekten in jeglicher Hinsicht orientieren zu wollen, sei es als Anti-Aging-Massnahmen, gesunde Ernährung, entsprechende (ärztliche) Fachberatungen, gesundheitsfördernde Behandlungen und Gesundheitsvorsorge, seien es schulmedizinische oder naturheilkundliche Anwendungen bis hin zu Schönheitsoperationen. Häufig fiel der Begriff „Medical Wellness“ oder „Medical Spa“, den man besonders gut beachten wolle. Ob die Aufmerksamkeit für diesen neuen Akzent mehr als eine Markt- und Trendbeobachtung ist, und sich tatsächlich in die entsprechenden – hohen - Investitionen umsetzt, bleibt abzuwarten.
Die Hoteliers vermuten weiter einen Anstieg der Bedeutung der individuellen und persönlichen Betreuung der Gäste. Dabei fiel häufig der Begriff „ganzheitlicher“ Angebote, worunter allerdings Verschiedenartiges verstanden werden kann. Dies meint einmal Wellness-Angebote für Körper und Geist und zum anderen Konzepte, die das komplette Umfeld des Gastes, einschliesslich Hotelzimmereinrichtung, Duft- und Farbgestaltung des Hauses, an Wellness ausrichten. Einige Hoteliers sehen den Trend hin zu einem „back to the nature“ und legen Wert auf regionale und naturbezogene Aspekte. Möglicherweise bildet sich hier ein Gegentrend zu den immer exotischer werdenden Wellnessangeboten aus, die von anderen Befragten stark favorisiert wurden. So gesehen findet wohl eine zunehmende Diversifizierung der Angebote statt.
Hoteliers meinen, dass in Zukunft wohl auch verstärkt spezielle Partneranwendungen wie spezielle Kinder- und Familienanwendungen gefragt sein können, auch dass eine Zunahme an sportlichen und aktiven Elementen erwartet werden könne. Dennoch bleibt der bisher dominierende Charakter von Erholung und Entspannung bei Wellness generell auch in Zukunft sicherlich erhalten.
In den Antworten auf die Frage nach der Zukunft des Wellness-Trends wird besonders die Qualität der Wellness-Angebote betont. Zahlreiche Hoteliers sehen die Chance, sich zukünftig vor allem über qualitativ hochwertige Leistungen von anderen abzuheben. Dies belegt u.a. die überaus hohe Zustimmung von 90,4% zu der Aussage „Der Anspruch an Wellness steigt immer mehr“.
Bei der Frage nach den derzeit interessantesten Wellness-Ideen gab es nur wenig konkrete Nennungen. Auch hier wurden besonders häufig alle Themen rund um die Gesundheit genannt. Na¬tur¬bezogenheit und individuelle Gastbetreuung standen ebenfalls an der Spitze der Nennungen, gefolgt von ganzheitlichen Angeboten, Partneranwendungen und sportiven Ele¬menten. Offensichtlich sind keine absoluten Novitäten in Sicht, und wenn, dann behalten es die Hoteliers wohl auch für sich.
Hoteliers hoffen also auf den neuen Trend „Gesundheit“ (der ja bisher nicht besonders relevant ist); das „medical spa“, das sicherlich nur für wenige Prozente der Wellnesshotels konsequent einsetzbar und durchführbar ist, ist ein Hoffnungsträger für die Zukunft. Oder noch allgemeiner formuliert: man hofft darauf, dass die Veränderungen im Gesundheitssektor sich auswirken werden in einer stärkeren Nachfrage nach gesundheitspräventiven, „sachlichen“ Wellnessangeboten.

1.11. Das brancheninterne Ranking
Wo sind die Besten? – Zum Abschluss unserer Online-Befragung wurden die Wellness-Hoteliers gebeten, das ihrer Meinung nach derzeit beste Wellness-Hotel zu nennen. (Der jeweils eigene Betrieb durfte dabei aber nicht genannt werden.) Der Korrektheit halber muss an dieser Stelle deutlich darauf hingewiesen werden, dass es sich beim Folgenden um keine zertifizierte Rangliste handelt, sondern dass hier nur die Häufigkeit der Nennungen durch die Hoteliers allein ausschlaggebender Faktor für die Rangreihe ist.
Die meisten Nennungen erhielt das Posthotel Achenkirch, das von insgesamt 22 Hoteliers als bestes Wellness-Hotel bezeichnet wurde. Das Hotel Hochschober in der Turracher Höhe wurde von den Wellnesshotelkollegen am zweithäufigsten genannt (18 Nennungen), gefolgt vom Hotel Alpenrose in Maurach am Achensee (17 Nennungen) und dem Steirerhof in Bad Waltersdorf (16). Ebenfalls häufiger genannt wurden: das Romantik Hotel Zur Bleiche im Spreewald (13), das Wellness Resort Hotel Schwarz in Mieming (10), der Salzburgerhof in Zell am See (9), das Sport- und Wellnesshotel Angerhof in St. Englmar (8) und das Traumhotel …liebes Rot-Flüh in Haldensee (7).
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2. Die Wellnessgästestudie 2006
Für die Kunden wird es immer schwieriger, im Dschungel der vielen Angebote das für sie ideale Wellnesshotels zu finden. Um auch dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurde im Spätsommer 2005 eine Befragung von Wellnesskunden durchgeführt, die dazu dienen sollte, die Bedürfnisse der Wellnesskunden besser kennen zu lernen. Die Untersuchung wurde in freundlicher Zusammenarbeit mit dem Relax Guide Wien organisiert.
Untersuchungsteilnehmer waren die Abonnenten des (Email) RELAX-GUIDE-NEWSLETTERS (rund 6800 Haushalte). Die Umfrage war als Online Umfrage konzipiert; die Abonnenten hatten fast drei Wochen Zeit, den Fragebogen auszufüllen. Der Fragebogen enthielt 14 Fragen, teils offen, teils mit vorgegeben Antworten und 8 Statements. Als Motivation, mitzumachen und die etwa zehn Minuten Zeit für das Ausfüllen des Fragebogens aufzuwenden, wurden unter den Teilnehmern attraktive Preise - z.B. fünf Wellness¬urlaube für jeweils zwei Personen, sowie Buchpreise (Reiseführer) - verlost. Der Fragebogen wurde insgesamt 600-mal ausgefüllt. Da 133 Fragebögen nicht komplett ausgefüllt wurden, konnte bei der Analyse nur auf 467 Fragebögen zurückgegriffen werden. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse der Pilotstudie (weitere Untersu¬chungen sind geplant) ist zu bedenken, dass die Gruppe der Interessierten zwischen 40-49 Jahren etwas, die Frauen stark überrepräsentiert waren. - Die wichtigsten Ergebnisse sind die folgenden:

2.1. Fakten und Meinungen zum Wellnessurlaub
• 86,1% der befragten Personen waren schon mindestens einmal in einem Wellnesshotel gewesen; 37,3% Personen sogar schon mehr als viermal in einem Wellnesshotel.
• Bei den meisten dauerte der letzte Aufenthalt zwei bis vier Tage - meist um ein Wochenende. Ein Wellnessaufenthalt in der Wochenmitte ist weniger beliebt. 24,4% der befragten Personen waren das letzte Mal zwei bis vier Tage in der Wochenmitte in einem Wellnesshotel.
• Nur 15,7% der 402 befragten Personen gaben an, dass sie ein Wellnesshotel weiter empfehlen würden. die Wellnesskunden haben zum grössten Teil also noch keine eindeutigen Präferenzen zu bestimmten Hotels entwickelt. Anders formuliert, es ist also noch kein Trend zu „Stammwellnesshotels“ zu entdecken!!
• Was ist das Wichtigste an einem Wellnesshotelaufenthalt? Die Befragten sollten zwei von 12 vorgegebenen Angeboten auswählen. Die grösste Resonanz fand das Angebot an SPA, also allem, was mit Wasser und Gesundheit zu tun hat: Für 69,0% der Befragten ist das Angebot an SPA das entscheidende Angebot an einem Wellnesshotelaufenthalt. ‚Abgeschlagen’, mit 27,8% der Nennungen liegen die Gastronomieangebote auf Platz zwei. Am wenigsten tragen für eine Entscheidung für ein Wellnesshotelaufenthalt das Angebot an Kreativem und Gestalterischem, das Angebot an Events Nennungen und das Angebot an Lebens- und Ernährungsberatung für einen Wellnesshotelaufenthalt bei.
• Was ist für Wellnessinteressierte am wenigsten wichtig an einem Aufenthalt in einem Wellnesshotel? Hier wurde am häufigsten - mit 39,0% Nennungen - das Angebot an ‚Kreativem/Gestalterischem’ angegeben. Auf Platz zwei stehen mit 33,6% Nennungen die ‚Events’ und Platz drei mit 31,0% Nennungen nehmen die avisierten‚ Erlebnissen’ aller Art ein. Am wenigsten wurden bei dieser Frage das Angebot Entspannungsmethoden (4,3%), danach mit 5,0% das Angebot der Umgebung und mit 6,0% das Angebot an Fitness/Sport genannt; letztlich die Spa-Angebote; im Umkehrschluss wären diese letztgenannten vier Dinge also die Wellness-wichtigen/entscheidenden Dinge für potentielle Kunden.
• Am liebsten verbringen die Befragten ihren Wellnessurlaub mit „Partner/ Partnerin“(51,8%); an zweiter Stelle liegt mit 12,0% der Wellnessurlaub mit Freund oder Freundin.
• Wohin fährt man zum Wellnessurlaub? Die grosse Mehrheit unserer Befragten (57,6 Nennungen) bevorzugt ihren Aussagen nach ÖL;sterreich bei der Wahl des Wellnessurlaubslandes, mit Abstand folgt ein Wellnessurlaub in Deutschland (9,0%) und Italien (6,0% der Nennungen). Wenn Wellnessurlaub, dann Österreich! scheint die Devise derzeit zu sein. Viele der Befragten gaben aber an, nicht zu wissen, wo sie gerne ihren nächsten Wellnessurlaub verbringen wollen, sind also durchaus offen für neue und andere Angebote.
• Wo bezieht man die Informationen über Wellnessurlaub her? Die wichtigste Quelle, sich über ein geeignetes Hotel zu informieren, ist für die meisten der Befragten das Internet (68,1%). Mit grossem Abstand folgen Spezialreiseführer- Bücher (9,4%) - und Empfehlungen von Freunden/Bekannten/ Verwandten (9,0%).


2.2. Die Einstellungen von Wellnessinteressierten
In unserem Fragebogen wurden auch Aussagen aufgestellt, zu denen die Befragten angeben mussten, wie ‚richtig’ bzw. zutreffend sie die jeweilige Aussagen finden.
Aussage 1: „Man sollte auch bei Wellnessurlauben ein Preisfuchs sein.“ Für 28,5% der Befragten trifft diese Aussage voll und ganz zu; nur 6,9% lehnten diese Aussage komplett ab. Die meisten der Befragten (41,1%) meinten, dass diese Aussage zutreffen würde; für über 2/3 der Befragten spielt – ungeachtet des Angebotes – der Preis eine sehr wichtige Rolle.
Aussage 2: „Im Wellnessurlaub probiere ich gerne neue Wellnessangebote aus.“ Dieser Aussage stimmten die meisten (50,5%) voll und ganz zu. Insgesamt standen fast 86% dieser Aussage positiv gegenüber.
Aussage 3: Ayurveda und Österreich passen nicht zusammen.“ „Authentizität“ spielt offenbar doch keine so grosse Rolle: Fast die Hälfte der Befragten (49,3%) meinte, dass diese Aussage gar nicht zutreffe. Nur 6,6% der Befragten gaben an, dass diese Aussage voll und ganz zu treffe. Die Mehrheit kann sich also mit der Vorstellung eines Ayurveda- oder ähnlich „fernöstlichen“ Angebots irgendwo in Österreich sehr gut anfreunden.
Aussage 4: „Ein persönlicher Trainer im Wellnesshotel ist mir sehr wichtig.“ Für mehr als die Hälfte der Befragten ist ein persönlicher Trainer anscheinend nicht besonders wichtig.
Aussage 5: „Asiatische Behandlungsformen interessieren mich besonders.“ Nur wenige (12,6%) interessieren sich für asiatische Behandlungsformen gar nicht. 32,8% bezeichneten sich als interessiert an asiatischen Behandlungsformen. Aussage 6: „Die Angebote in einem Wellnesshotel sind mir wichtiger als Umgebung und Lage.“ Hier waren die Meinungen etwa hälftig geteilt.
Aussage 7: „Familien und Kinder sind in Wellnesshotels fehl am Platz.“ Auch hier gehen die Meinungen bei dieser Aussage auseinander. Etwas über fünfzig Prozent der Befragten bejahen diese Antwort mehr oder weniger. Rund etwas unter fünfzig Prozent verneinen diese Antwort. Alles in allem sind also keine eindeutigen Tendenzen zu erkennen.
Aussage 8: „Kleine Hotels mit einer Wellness-Spezialisierung sagen mir mehr zu als grosse Hotels mit einem umfassenden Wellnessangebot.“ Auch hierzu waren keine eindeutigen Tendenzen zu erkennen. Die Befürworter dieser Aussage halten sich fast die Waage mit den Verneinern.

2.3. Fazit
Wellnessinteressierte und -erfahrene Kunden sind nicht einfach zu kategorisieren. Es gibt offenbar verschiedene Typen, denen unterschiedlich viel an Lage des Hotels, Breite vs. Spezialisierung des Angebots, Familienfreundlichkeit, Authentizität, Neuartigkeiten, exotisch-fernöstlichen Angeboten usf. liegt. Der Wellnessgast ist nicht eindimensional. – Der Wellnesskunde ist auch, das scheint uns wichtig, nicht sehr festgelegt auf ein einmal besuchtes Hotel; der Stammgasttreuefaktor ist noch gering - eine echte Heraus¬forderung für die Wellnessanbieter. Der Wellnessurlauber informiert sich gern im Internet und legt viel Wert auf ein gutes Basisangebot im Spa-Bereich.
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3. Die Wellness-Bilder-Analyse

Ein zentrales Ergebnis der gerade vorgestellten Studien ist, dass das zentrale Wellnessmotiv die Entspannung darstellt. Dieses Ergebnis sollte auch bei der nun vorzustellenden Wellness-Bilder-Analyse verifiziert werden. Dabei ging es um die Klärung der Frage, wie Wellness in aktuellen deutschsprachigen (deutschen/österreichischen) Reisekatalogen visualisiert wird. Es handelt sich um eine Pilotstudie, bei der mittels einer neuartigen Inhalts-Bilderanalyse versucht wurde diese Frage zu klären. Dafür wurden insgesamt 1283 Bildern deutscher Wellness-Kataloge nach vorgegeben Kriterien analysiert. Zusätzlich wurde noch bei insgesamt 76 Bildern aus der Grundgesamtheit eine qualitative Bildanalyse durchgeführt. Die Bildanalysekriterien waren dabei
• Entspannung
• Verwöhnung und Zuwendung
• Aktivität
• Spiritualität
• Moderne
• Interieur und Landschaft
Die Grundgesamtheit bildete der TUI-Winterkatalog 2005/2006, TUI-Sommerkatalog 2006 und der DerTour-Katalog 2005/2006.

3.1. Entspannung
In den verwendeten Reisekatalogen ist das Hauptthema die Entspannung. Dieses Motiv, bzw. diese Haltung kann vor allem über Mimik und Gestik der abgebildeten Menschen dargestellt werden. Das Auffälligste an diesen Bildern sind die fast immer geschlossenen Augen der Personen, z. B. wenn diese Menschen auf Liegen oder auf Saunabänken ruhen. Geschlossene Augen können (und sollen typischerweise in den Katalogen) das Zeichen für die Entspannung sein. Es ist immer das solitäre Individuum, das dabei im Mittelpunkt steht. Es werden dabei vor allem Frauen zwischen 35 und 40 % mit geschlossenen Augen dargestellt (vergleiche Abbildung 1 und 2) Abbildung 1: Typische Bild des Hauptthemas Entspannung
Abbildung 2: Typische Bild des Hautthemas Entspannung

3.2. Verwöhnung und Zuwendung
Dieses Thema wird auf den Bildern durch die explizite Zuwendung seitens des Personals, v.a. durch (klassische/kosmetische) Massagen (vgl. Abbildung 1) oder mit typischen Hilfsmitteln arbeitenden Therapien (vor allem La-Stone-Therapie u.ä.).dargestellt. In den Abbildungen sind die Berührungen auf relativ un-erotische Körperbereiche wie den oberen Rücken oder das Gesicht beschränkt.

3.3. Aktivität
Fitness- und Sport spielt in Wellnesskatalogen eine sehr untergeordnete Rolle. Nur 4,5% der Personenabbildungen sind Abbildungen mit körperlich aktiven Menschen. Die Personen befinden sich dabei meist zu zweit oder in Gruppen ausserhalb des Hotels bei einer mässig anstrengenden Bewegungstätigkeit (vergleiche Abbildung 3 und 4).
Abbildung 3: Sportlich aktive Menschen
Abbildung 4: Sportliche aktive Menschen

3.4. Spiritualität
Das Bildthema Spiritualität ist eine Visualisierung von „Geistiger Aktivität“ als auch von „Entspannung“.

3.5. Fazit
Häufig findet sich in der Literatur für Wellness eine – letztlich theorielose, oberflächliche – Metapher: die „Ganzheitlichkeit“. Gerne wird z.B. ein sog. „ganzheitliches“ Wellness-Konzept als ein auf 4- (oder mehr) „Säulen“ stehendes Gebilde aufgefasst. Wichtigste Teile (Säulen) sind dann – siehe z.B. Lanz-Kaufmann – (1) Körperliche Fitness, (2) Entspannung, (3) gesunde und bewusste Ernährung, (4) geistige Aktivität. Impliziert wird dabei eine Gleichbedeutung dieser Elemente, aber auch eine Art umfassendes Gesundheits-Verwöhn-Verständnis. Dieses „Säulen-Modell“ wird ausdrücklich nicht über die (Bilder der) Kataloge transportiert. Denn: in den Katalogen ist der Wellness-Aspekt „Entspannung“ visuell klar überrepräsentiert. „Entspannung“ ist dabei sehr eindimensional dargestellt: als die Idee, allein durch passive Entspannung (also auch weitgehend ohne körperliche und geistige Aktivität und sogar mit ggf. ungesunden Essgewohnheiten) etwas für sein Wohlbefinden tun zu können. Assoziationen: Ausruhen, Abschalten, Abschlaffen, Schlafen, Dösen – ggf. auch Meditieren, Sinnieren. Über die Bilder kommt die (theoretisch vorhandene) Vielschichtigkeit vom Wellness(-Urlaub) nicht zum Ausdruck (z.B. werden praktisch nie Lehr- und Lernsituationen nen oder Diätessen bildlich thematisiert). Es herrscht quasi ein „geheimes Einverständnis“ von Anbietern und Nachfragern – jenseits aller pädagogischen Wellnessfachliteratur –, dass Wellness de facto nichts anderes ist als die möglichst gut organisierte, geglückte, luxuriöse Entspannung. Die Anbieter gehen davon aus, dass der Kunde weiss, was Wellness „wirklich“ bedeutet und kommunizieren nur diese eine Form von Wellness.
Sämtliche Untersuchungsergebnisse münden also in ein Fazit ein, dass Wellness nicht eine vielschichtiges, gesundheitsorientiertes, ideologisch befrachtetes, alternative Urlaubsart ist, wie dies häufig in den Medien dargestellt wird, schon gar nicht eine Form des Gesundheitsurlaubs im klassischen sinne ist, sondern eine zusätzliche Kurzurlaubsform für Menschen, die die entsprechende Zeit und das nötige Geld dafür übrige haben, die auf Entspannung, Wohlfühlen, Verwöhnt werden in luxuriöser Hotelumgebung zentriert, und eigentlich eine neue Variante des Luxushotelaufenthaltes ist.


Erschienen in:

H. Jürgen Kagelmann, Martina Guthmann, Stefanie Hanselmann
Motive von Wellnessurlaubern
Bibl. Daten:
in: Tagungsband Tegernseer Tourismus Tage 2006, S. 111-122


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